Tag 03

Dienstag, 01.07.2008 (Tag 3)

Völlig gerädert bin ich wieder pünktlich um 6 Uhr aufgewacht. Die Betten im Melrose Hostel sind viel zu weich, mir taten alle Knochen weh. Zerknautscht und verspannt bin ich erst mal duschen gegangen, wobei ich nicht rauskriegen konnte, wie man die Temperatur verstellt, es war einfach immer nur heiß, nicht sehr hilfreich zum wach werden. Um halb 8 habe ich Bianca geweckt, und auch unsere Zimmergenossen Jessy und Emma aus England wurden langsam munter. Wir haben erst von den beiden erfahren, dass es auch in diesem Hostel ein Frühstücksangebot gab, aber 3,90 GBP wäre uns eh viel zu teuer gewesen, deshalb haben wir bloß die Brötchen gefrühstückt, die wir uns gestern im Spar gekauft hatten. Außerdem haben wir versucht, dieses ekelhaft süße Zeug zu trinken, was wir beim Einkauf fälschlicherweise für 100 %-igen Orangensaft gehalten hatten, da groß „no added sugar“ darauf stand. Emma und Jessy beobachteten unsere Grimassen ein paar Minuten, bevor sie zu grinsen begannen und uns darüber aufklärten, dass man dieses Zeug „Squash“ nennt und mit 7 Teilen Wasser verdünnt. Mit 10 Teilen Wasser wurde es dann langsam genießbar, wobei es dann immer noch wie Fanta pur schmeckte. Jessy erklärte mir auch die Geschwindigkeitsbegrenzungen in Schottland. Innerorts liegt die Grenze je nach Straße bei 30 oder 40 mph, außerorts bei 60 mph bei Straßen mit einer Spur pro Fahrtrichtung und bei 70 mph bei Straßen mit zwei Spuren pro Fahrtrichtung. Ich hatte nämlich am Tag davor vergeblich nach entsprechenden Verkehrsschildern Ausschau gehalten, und der gelegentlich auftauchende Schriftzug „slow“ war mir etwas zu unpräzise.

Nach dem Frühstück haben wir Emma und Jessy verabschiedet, die ihre Rucksack-Wander-Reise fortsetzen wollten und sind dann über die Wiese des Hostels (Video) zur Abteiruine von Melrose gelaufen, und da war er wieder, dieser Wow-Effekt. Ich hatte ja schon viele Bilder der Abtei gesehen, sowie das Gemälde von William Turner, aber dass die Wirklichkeit die Schönheit dieser Bilder noch übersteigen würde, hätte ich nicht für möglich gehalten (Video 1, Video 2). Erstaunlicherweise waren zeitgleich mit uns nur 10 oder 15 andere Besucher auf dem Gelände, so dass es tatsächlich oft möglich war, Bilder ohne störende Menschen zu machen. Und wenn doch mal jemand im Weg stand, lächelte er und ging zur Seite, um geduldig unser Bild abzuwarten. Schottland – Land der freundlichen Menschen!

Beim Verlassen des Abbey-Geländes haben wir noch ein paar sehr schöne Postkarten gekauft. Eine gefiel mir besonders gut wegen der Blütenpracht darauf. Ich fragte den Verkäufer, wo das Bild denn entstanden sei, und er erklärte mir genau, wie man in diesen wunderschönen Garten gelangen konnte. Er hieß „Harmony Garden“ und lag eigentlich direkt um die Ecke. Dort habe ich ein sehr schönes Foto mit den Blumen im Vordergrund und der Abtei im Hintergrund gemacht.

Nachmittags sind wir nach Galashiels zum einkaufen gefahren, da es dort einen größeren Supermarkt gab, der nicht ganz so teuer war wie der Spar. Ich habe perfekt eingeparkt, und das mit dem Fahrbahnrand bekam ich heute auch schon viel besser hin als gestern. Mit dem Auto voll haltbarer Vorräte sind wir dann Richtung Dryburgh gefahren, nicht ohne noch einmal bei Scott’s View anzuhalten, weil die Aussicht einfach zu schön war, um einfach vorbei zu fahren. Dazu kam, dass das Wetter heute mal wieder vollkommen unschottisch war! Die Sonne strahlte vom blauen Himmel herunter, und wenn nicht wenigstens die ganze Zeit ein leichtes Lüftchen geweht hätte, wäre es uns fast zu warm gewesen.

Die Abtei in Dryburgh ist leider viel stärker verfallen als die von Melrose, aber dafür war es dort wunderschön friedlich. Man hörte nur das Rauschen des Windes in den Bäumen und das Zwitschern der Vögel. Bianca und ich saßen eine gute Stunde einfach nur auf der Wiese und schrieben Postkarten oder Tagebuch. So zufrieden und entspannt war ich das letzte Mal 2006 auf der Eyneburg!

Nachdem wir uns irgendwann von Dryburgh losgerissen hatten, fuhren wir weiter nach Jedburgh, um dort unseren Abteien-Tag abzuschließen. Die Straße dorthin war die reinste Achterbahnfahrt, ständig wurde vor einem „Blind Summit“ gewarnt, das bedeutet, dass die Straße über einen Hügel führt und dabei so steil ansteigt und vor allem nach der Hügelkuppe auch wieder so steil abfällt, dass man beim hinauffahren denkt, hinter der Kuppe sei die Welt zu Ende, weil man absolut gar nichts sehen kann, was dahinter liegt. Einmal kam uns plötzlich ein Auto auf unserer Spur entgegen, und ich wollte schon rechts rüber ziehen, weil ich dachte, wir wären mal wieder auf der falschen Seite gelandet, als die Fahrerin plötzlich aus ihren Tagträumen hoch schreckte und auf die andere Spur wechselte (Video). Ich bin also nicht die einzige, der so was passiert, sehr beruhigend.

Um 17:04 Uhr betraten wir das Kassenhäuschen der Jedburgh Abbey und mussten zu unserer Enttäuschung erfahren, dass sie im Gegensatz zu ihren Verwandten in Melrose und Dryburgh nicht erst um 18 Uhr, sondern schon um 17 Uhr schließt. Wir haben das Beste draus gemacht und uns erst mal zu einer netten jungen Frau mit Labrador gesellt, der voller Spielfreude dauernd im Tweed verschwand und teilweise 10 – 20 Sekunden unter Wasser blieb, das war beeindruckend. Auf unsere Frage, wo man denn hier am billigsten und trotzdem halbwegs lecker essen könne, schickte sie uns dann quer durch den schnuckeligen, mittelalterlichen Stadtkern von Jedburgh zu einem Fish’n Chips Laden. Bianca hatte Chicken-Nuggets mit Pommes, die waren okay, aber mein Fisch... wuäh! Der Fisch innen drin war ja lecker, aber die Panade drumherum... ich hätte nie gedacht, dass irgendwas noch mehr vor Fett triefen könnte als die Reibekuchen auf dem Bonner Weihnachtsmarkt.

 

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