Tag 11

Mittwoch, 09.07.2008 (Tag 11)

Jan schnarcht wie ein ganzes Sägewerk, wir konnten kaum schlafen. Ich habe mich schon um kurz nach 7 mit meinem Laptop in den Frühstücksraum verzogen, da unsere Speicherkarten langsam alle voll waren, und Bianca Panik hatte, da irgendwas zu löschen, solange es nicht zumindest auf dem Laptop UND im Internet gespeichert war. Also begann ich damit, sämtliche Fotos auf Flickr hoch zu laden. Da das sicher den ganzen Tag dauern würde, bat ich Kate, den Laptop neben der Rezeption auf einen Stuhl stellen zu dürfen, und sie versprach, ein Auge darauf zu haben.

Heute wollten wir als erste zu den Fairie Pools bei Glenbrittle. Auf der Toilette unseres Hostels hatte ich einen Zeitungsartikel mit Foto entdeckt, der wirklich Lust machte, dorthin zu fahren. Kurz hinter Broadfort holten wir zu einem kleinen, roten Wagen auf, der so nah am linken Bordsteinrand fuhr, wie ich das in den ersten zwei Tagen getan hatte. Gerade als wir überholen wollten, merkten wir, dass es Jan und ihre Töchter waren. Sie hatten sich heute morgen mit Luke vom Skye Backpackers darüber unterhalten, wie man die Insel am besten erkunden könne, und er hatte ihnen innerhalb einer halben Stunde einen Mietwagen für diesen einen Tag organisiert. Wir hielten nebeneinander und machten Jan auf das Bordstein-Problem aufmerksam. Da die drei noch nichts spezielles vor hatten, entschlossen sie sich, hinter uns her zu den Fairie Pools zu fahren.

Wow. Wow wow wow! Hätten wir nicht gewusst, wonach wir suchenm, wir wären einfach vorbei gefahren. Über eine unbefestigte Straße erreicht man nach einem Waldstück und einer Kurve ein grünes Tal im Schatten der Cuillins, der höchsten Berge auf der Isle of Skye. Durch dieses Tal schlängelt sich ein schmaler Gebirgsbach, und mehr gibt es auf den ersten Blick gar nicht zu sehen. Wenn man sich aber die Mühe macht, sein Auto zu verlassen und auf ausgetretenen Pfaden sprichwörtlich über Stock und Stein zu kraxeln, bietet sich einem ein Wunder nach dem anderen, je höher man kommt. Den ersten Fairie Pool fanden wir gleich zu Anfang, direkt unterhalb der Straße. Ein dreigeteilter Wasserfall strömt in ein natürliches Wasserbecken, dessen Oberfläche absolut still liegt. Am liebsten hätte ich gleich hier stundenlang gesessen, aber aus dem Zeitungsartikel wusste ich, dass die höher gelegenen Pools die darunter an Schönheit noch übertreffen sollen. Also führte ich unsere kleine Gruppe auf Trittsteinen über den Bach, über improvisierte Treppenstufen einen Hügel hinauf und dann auf Trampelpfaden immer am Rand des Flussbettes entlang. Der Gebirgsbach fließt in einer Art kleinem Canyon, und nach jedem der unzähligen kleinen Wasserfälle sammelt sich das Wasser in einem Bassin, eins schöner als das andere. Das Wasser hat einen tiefen Blauton, wie man ihn von Fotos von den Mallediven kennt. Obwohl ich wusste, dass es eiskaltes Gebirgswasser war, war mein erster Gedanke bei dieser Farbe, dass das Wasser warm sein müsse. Natürlich haben wir auch nicht lange gezögert, es auszuprobieren. Jans Töchter und ich haben Hosen uns Röcke abgelegt und sind hinunter zu einem besonders schönen Pool geklettert, während sich Jan und Bianca auf die von der Sonne gewärmten Felsen am Ufer gesetzt haben. Ich muss sagen, so kalt war das Wasser gar nicht, zumindest längst nicht so kalt wie das Meer bei Morar. Ich wäre so gerne ganz untergetaucht, zumal ich ein Bassin entdeckt hatte, das durch einen unter Wasser liegenden Felsbogen mit dem nächsten verbunden war. Da wäre ich unglaublich gern einmal durchgetaucht, aber ich hatte leider dummerweise keine Badesachen dabei. So musste ich mich damit begnügen, bis zum Po im Wasser rumzuplanschen, aber trotzdem hätte ich dort gut und gerne den ganzen Tag verbringen können.

Als wir wieder im Hostel ankamen, war es auch schon später Nachmittag, und da wir von soviel frischer Luft und Kletterpartien doch ziemlich müde waren, entschieden wir uns dazu, den Nachmittag im Hostel zu verbringen und erst abends wieder aufzubrechen. Bianca chattete zwei Stunden mit Moe, und ich machte ein Nickerchen.

Um die Sonne nicht wieder jagen zu müssen, brachen wir heute schon pünktlich um 19 Uhr auf. Unser Ziel hieß Waterstein, wo es laut meinem Reiseführer einen blendend weißen Leuchtturm und – noch viel interessanter – Wale und Delfine geben sollte. Wir schon am gestrigen Abend fuhren wir bald wieder mitten durchs Nirgendwo. Wir brauchten fast zwei Stunden, bis wir Waterstein erreichten, oder zumindest die Stelle, wo wir den Ort vermuteten. Denn ohne Vorwarnung war die Straße plötzlich zu Ende.

Ein kleines Holztor machte darauf aufmerksam, dass alles Land, was hinter diesem Tor lag, Privateigentum sei und zum Grundstück des Neist Point Leuchtturmes gehörte. Leuchtturm? Na immerhin waren wir hier richtig! Wir studierten die Hinweistafel noch mal genau, und nachdem wir uns sicher waren, nirgends ein „betreten verboten“ gelesen zu haben, öffneten wir das Holztor und begannen, den kleinen Pfad hinab zu steigen. Von einem Leuchtturm sahen wir allerdings erst einmal nichts. Vor uns breitete sich bloß ein grünes Tal mit einer schönen Steinmauer aus, und links von uns lag das Meer. Allerdings verliefen über unseren Köpfen zwei Stahlseile, und meine Vermutung bestätigte sich, als wir um den nächsten Hügel herum kamen und am Ende der Stahlseile ein Container hing. Anscheinend hatte der Leuchtturmbesitzer sich einen Lastenaufzug für seine Einkäufe gebaut, da man ja anscheinend nicht mit dem Auto bis vor die Tür fahren konnte. Noch ein steiler Aufstieg über einen Hügel, und dann hatten wir es geschafft: Der Leuchtturm lag vor uns auf einer Steilklippe, und rundherum rauschte Brandung gegen die Felsen. In den rauen Felswänden nisteten unzählige Möwen und machten ein Heidenspektakel. Aber plötzlich mischte sich noch ein anderes Geräusch in das Möwengeschrei, das Bianca und mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ganz eindeutig: Das war Walgesang gewesen!!! Wir liefen sofort zum Rand der Klippe und suchten das Meer ab. Und da, da hinten: Eine Walflosse tauchte aus dem Wasser, das Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich darauf, und schwups war sie auch schon wieder verschwunden. Bianca und ich hopsten jubelnd auf und ab wie zwei kleine Kinder, die ihr Osternest gefunden haben. Wow, Wale... selbst als ich in meinem Reiseführer davon gelesen hatte, hatte ich nie geglaubt, dass wir wirklich so ein Glück haben würden, selbst einen zu Gesicht zu kriegen und seinen Gesang zu hören. Wir saßen fast zwei Stunden auf einem Felsen an der Klippe, und immer wieder entdeckten Bianca oder ich eine dunkle Flosse, die auftauchte und leider viel zu schnell wieder verschwand. Anfangs dachten wir auch oft, wir würden sehen, wie ein Wal Wasser aus seinem Luftloch pustet, aber nach einer Weile erkannten wir, dass dieses Platschen und das darauf folgende Aufspitzen des Wassers von den Möwen herrührte, die in absolut halsbrecherischen Sturzflügen wie Steine vom Himmel fielen und im Meer nach Fischen jagten.

Nachdem die Sonne fast ganz untergegangen war, machten wir uns auf den Rückweg zum Auto, bevor es zu dunkel sein würde, um den Pfad zu erkennen. Der Rückweg war ähnlich schwierig wie gestern von Elgol aus, da es auch hier Kaninchen in Hülle und Fülle gab. Wir waren erst um halb eins wieder im Hostel und schliefen kurz darauf ein, den Walgesang noch in den Ohren.

 

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