Tag 15

Sonntag, 13.07.2008 (Tag 15)

Sollte das wirklich schon der letzte volle Tag unserer Reise sein? Die zwei Wochen waren bisher wie im Flug vergangen. Wir verließen Kingussie und fuhren auf der A9 weiter Richtung Süden.

Gegen Mittag kamen wir nach Dunkeld, von dessen Kathedrale mein Reiseführer berichtete. Wir parkten den Wagen an einem kostenlosen Parkplatz am Fluss und schlenderten in strahlendem Sonnenschein am Ufer entlang auf der Suche nach der Kathedrale. Sie ist wirklich wunderschön und erinnerte mich von der friedlichen Lage her sehr an Dryburgh. Ein Teil der Kathedrale ist sogar noch intakt, dort fand gerade ein Gottesdienst statt und wir trauten uns nicht, hinein zu gehen. Stattdessen bewunderten wir die verwitterten Grabsteine, und ich kuschelte mit der verschmusten Friedhofskatze, die sich sofort an mich hing wie eine Klette.

Ich frage mich, wieso es jemals soweit gekommen ist, dass auf heutigen Grabsteinen immer nur Name, Geburts- und Sterbedatum vermerkt sind? Niemand weiß, wer die Personen waren, die dort begraben liegen, es sind einfach nur Namen, alles andere wird vergessen. Auf den alten Grabsteinen in Dunkeld fanden sich ganze Geschichten, zum Beispiel: „Here lies Arthur Cullen, beloved husband, father of three children and best shoemaker our village has ever seen. He was much valued by all people of Dunkeld and his death was gravely mourned.” Wieso ist sowas jemals aus der Mode gekommen? Diese Texte berühren die Menschen noch Jahrhunderte später und erinnern daran, wer die Toten zu Lebzeiten gewesen sind, so sind sie niemals vergessen.

Nach dem Besuch der Kathedrale schauten wir uns den Ortskern von Dunkeld an. Das ist ein sehr süßes Touristendorf, viele Souvenirläden, einige kleine Spezialitätengeschäfte und teure Kleidungsgeschäfte. In einem kleinen Gemischtwarenladen kauften wir sehr leckeren Zwiebelkuchen und ganz tolle Eiscreme, die so richtig nach „selbstgemacht“ schmeckte. Die Verkäufer waren sehr nett und gesprächig. Bianca wollte für den Freund ihrer Schwester gerne eine winzige Flasche Whiskey kaufen, musste aber lernen, dass Whiskey in Schottland an Sonntagen erst ab 12:30 Uhr verkauft werden darf. Den Sinn hinter diesem Gesetz konnte uns auch der Verkäufer nicht erklären, aber daran ändern könne er nichts. Also setzten wir uns mit unserem Eis und dem Zwiebelkuchen auf den Rand des Dorfbrunnens und ließen uns eine halbe Stunde von der Sonne wärmen, bevor wir den zweiten Anlauf zum Whiskey-Kauf starteten, der dann auch glückte.

Übernachten wollten wir heute in Pitlochry, das etwa 20 Kilometer nordwestlich von Dunkeld lag, aber da Bianca unbedingt ein Beweis-Foto für Moe machen wollte, dass sie in Perth gewesen war, fuhren wir erst mal 20 Kilometer in südlicher Richtung bis nach Perth, machten ihr Beweis-Foto am Ortsschild von Perth und fuhren dann die 40 Kilometer zurück bis nach Pitlochry.

Pitlochry entpuppte sich als gut gefüllter Touristen-Ort, und unser Hostel entpuppte sich als eines der McBackpackers, yay! Es hatte einen eigenen Parkplatz gleich hinter dem Hostel, so dass wir unser Gepäck nicht so weit schleppen mussten. Die Wände waren mit schweren Gobelins behängt und die Fußböden mit flauschigen weichen Teppichen, die jedes Geräusch schluckten. Der Aufenthaltsraum war hell und gemütlich, und unsere Betten waren bequem und stabil. Nur die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld, aber da mussten wir heute kaum noch dran, deshalb konnte uns das egal sein.

Von der netten Mitarbeiterin des Hostels ließen wir uns ein paar Tipps geben, was es in und um Pitlochry herum Sehenswertes gab, und sie schickte uns als erstes ins Heathergem-Museum. Der Eintritt war kostenlos, und es war wirklich interessant zu sehen, wie aus den knorrigen, dünnen Zweiten der Heather (Heide) in liebevoller Handarbeit glänzende Schmuckstücke entstehen. Nach unserem Besuch im Museum überquerten wir auf einer ungeheuer schwankenden Hängebrücke die Tummel, den kleinen Fluss, der durch Pitlochry fließt. Wir wanderten flussaufwärts, da es dort eine Lachstreppe geben sollte. Ich weiß nicht genau, was ich mir vorgestellt hatte, aber auf jeden Fall nicht das, was wir dann zu sehen bekamen. Die Lachstreppe besteht aus mehreren künstlichen Wasserbecken parallel zum Fluss, die mit pechschwarzem Wasser gefüllt sind und in denen man bis auf ein bisschen Treibholz und Müll absolut nichts erkennen kann, am allerwenigsten irgendwelche Fische. Über eine Staumauer kamen wir wieder ans andere Flussufer und setzten uns in der Nähe unseres Hostels auf die Terrasse eines Fish’n’Chips, der gigantische Portionen zu echt günstigen Preisen anbot. Anschließend schlenderten wir noch etwas durch den Ort und beguckten uns die kleinen und großen Geschäfte. In einer Seitenstraße namens Fleet Street fanden wir einen Friseursalon namens „Sweeny Todd“! Ich bin sicher, davon ein Foto gemacht zu haben, aber alle Fotos von Pitlochry sind irgendwie verschwunden, schade.

Da wir unser 6-Bett-Zimmer ganz für uns alleine hatten, haben wir uns abends mit dem Laptop aufs Bett gesetzt und unseren letzten Tag in Schottland mit „Ella Enchanted“ und der ersten Folge der „Robin Hood“-Serie vom BBC ausklingen lassen. Hätt mir im im Voraus jemand gesagt, dass ich in Schottland soviele Filme anschauen würde, hätte ich die Person für verrückt erklärt. Aber zum Einen waren unsere Heimkino-Aktionen ja hauptsächlich durch Biancas Krankheit zu Stande gekommen, und zum Anderen waren unsere Köpfe nach den ersten zehn oder elf Tagen so mit unvergesslichen Eindrücken gefüllt gewesen, dass gar nicht mehr so richtig etwas Neues hinein passen wollte, das Erlebte musste erst mal verarbeitet werden. Dabei haben uns unsere drei Faulenzer-Tage in Kyleakin, Inverness und Drumnadrochit irgendwie geholfen. Urlaub soll ja auch Erholung sein!

 

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